Sensorik der Steviolglykoside

Sensorisch stellen die verschiedenen Steviolglykoside an die Lebensmittelindustrie einige Herausforderungen. So unterscheiden sich die sensorischen Eigenschaften selbst bei Stoffen gleicher Reinheit je nach Hersteller. Somit ist es sehr schwierig, einen Lieferanten ohne weiteres durch einen anderen zu ersetzen. Im Rahmen des EU-Forschungsprojektes DIVAS wurden unter anderem auch sensorische Eigenschaften der Steviolglykoside untersucht (1). Ein Panel hat an Hand eines Bewertungsbogens die Eigenschaften von fünf unterschiedlichen Steviolglykosiden evaluiert. Die Bewertungsstufen lagen zwischen 0 und 8 für folgende Eigenschaften: 

 

  • Dauer der Süßwirkung (kurz-lang)
  • Entwicklung der Süße (langsam-schnell)
  • Vollmundigkeit (flach-voll)
  • Bittergeschmack (nicht bitter-bitter)
  • Lakritzgeschmack (kein Lakritzgeschmack-Lakritzgeschmack)
  • Metallischer Geschmack (nicht metallisch-metallisch)
  • Karamellartiger Geschmack (nicht karamellartig-karamellartig)
  • krautig (nicht krautig-krautig)
  • sauer (nicht sauer-sauer)
  • adstringierend (nicht adstringierend-adstringierend)
  • Mentholgeschmack (Kein Mentholgeschmack-Mentholgeschmack)
  • Fehlnote (keine Fehlnote-Fehlnote)
  • Zuckersüße (nicht zuckersüß-zuckersüß)
  • künstliche Süße (nicht künstlich-künstlich)
  • Gesamteindruck (nicht angenehm-angenehm)

 

Die Abbildung rechts ("Sensorische Beurteilung ausgewählter Steviolglykoside") zeigt das Ergebnis. Daran kann man sehr gut erkennen, dass das getestete Rebaudiosid A 60% aus einer chilenischen Herstellung die höchste Bewertung der Geschmacksnote „Bitter“ erhielt, dagegen ein Rebaudiosid A 60% laut Anbieter aus einer paraguayischen Herstellung mit der geringsten Bitternote bewertet wurde. Bei der Geschmacksnote „krautartig“ hatte wiederum das Rebaudiosid A 60% aus Chile die schlechteste Bewertung erhalten, dagegen schnitt Steviosid 95% aus China am besten ab. Bei der Bewertung zur Dauer der Süßwirkung zeigt sich deutlich, dass Rebaudiosid A 60% aus Paraguay den längsten Süßeindruck hatte, während Rebaudiosid A 60% aus Chile den kürzesten Süßeindruck hinterließ. Dazwischen lagen die höherwertigen Rebaudiosid A 97%- bzw. 98%-Varianten und das Steviosid 95%. Weder der Reinheitsgrad bestimmt die Dauer des Süßeindrucks noch die Zusammensetzung der Steviolglykoside. Die sensorischen Eigenschaften werden wahrscheinlich nahezu ausschließlich von der Herstellung bestimmt und möglicherweise auch von der Qualität des Rohstoffes. Dies ist aber nicht eindeutig gesichert. 

Interessanterweise unterschied sich der „Gesamteindruck“ des Geschmacks des getesteten Steviosid 95% nicht von der Variante Rebaudiosid A 97%. Beide erhielten das gleiche Ranking und lagen in der Bewertung vor allen anderen Steviolglykosid-Varianten. Wenn man die getesteten Steviolglykoside untereinander vergleicht, dann schneidet die Variante Rebaudiosid 60% aus Chile am schlechtesten ab. Die Herstellung dieses Produktes erfolgt laut Firmenangaben über Membrantechnologie. Alle anderen Varianten sind mit dem weiter oben beschriebenen Standardverfahren hergestellt. Dies zeigt ganz klar, dass bislang der Einsatz von Absorberharzen zwingend ist, um geschmacklich einigermaßen tolerierbare Steviolglykoside herzustellen. Zur Erreichung der Reinheit ist eine Kristallisierung in Alkoholen ebenso zwingend notwendig.

 

 

(1) DIVAS (2010): WP4 Conusmer Acceptance: Sensory evaluation, antioxidative potential examination and consumer expectations.